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„Bämm, hat funktioniert“

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Wie kam es zur Gründung von RAUM?

Sebastian Kühne, der Kreativdirektor und Product Owner von RAUM, und ich haben 2000 in Köln die BLANX effects interactive GmbH gegründet. Angefangen haben wir mit 3D-Animationen, daher kommen wir. Wir visualisieren für die Industrie Dinge, die man mit einer klassischen Filmkamera nicht filmen kann, und helfen unseren Kunden unter anderem bei der Kommunikation ihrer Produkte, zum Beispiel bei Messe-Events. Und dann kam Corona.

 

Mit welchen Folgen für BLANX?

Wir haben die Kolleg*innen erst mal nach Hause geschickt. Ab ins Homeoffice. Schon bald fiel uns auf, dass wir zwar mit Zoom und Teams arbeiten können. Aber gut war das nicht. Uns fehlte einfach die räumliche Welt, in der wir uns treffen und zum Beispiel mit Post-Its und Stiften arbeiten können.

 

Warum war es naheliegend, dass Sie eine Lösung für dieses Problem finden?

Unser Vorteil war: Wir bieten unseren Kunden schon seit 2015 für verschiedenste Anwendungsbereiche AR- und VR-Lösungen an. Und dazu gehört eben auch, dass wir VR-Anwendungen entwickelt haben, in denen mehrere Nutzer*innen gleichzeitig sein können. Also haben wir innerhalb von vier Wochen einen Prototyp gebaut, der uns ermöglichen sollte, trotz Homeoffice weiter effizient zusammenzuarbeiten. Physisch waren wir alle in unseren Homeoffices, aber wenn wir zusammen eine Session gemacht haben, war das für uns, als ob wir tatsächlich in einem Raum zusammenkommen. Zwar als Avatar, aber das hat niemand als komisch empfunden. Man merkt es irgendwann nicht mehr. Man ist wirklich mittendrin. Das liegt auch am räumlichen Audio. Wenn ich als Avatar rechts neben Ihnen stehe und Sie ansprechen würde, würden Sie sich instinktiv nach rechts drehen.

 

Ein immersives Erlebnis also?

Und ob. Wir haben bei virtuellen Events für die c/o pop Leute aus der ganzen Welt zusammengebracht. Ein Speaker aus England wurde da auf der Bühne von einer Dame aus Barcelona interviewt, und er wollte sie unbedingt dazu animieren, Stagediving zu machen. Wir haben nur gedacht: Hoffentlich hüpft sie jetzt nicht wirklich los und landet in ihrem Wohnzimmer auf dem Boden. Also: Wenn man im virtuellen Raum im dritten Stock steht und nach unten guckt, fühlt sich das tatsächlich auch so an.

 

Wie wurde aus der firmeninternen Lösung ein Produkt für den Markt?

Im Frühling 2020 haben wir das Produkt zwei, drei großen Kunden auf die VR-Headsets gespielt. Die fanden es mega. Wir brauchten es auch gar nicht für sie anzupassen. Es hieß: Wir gehen mit unseren Teams erst mal in den RAUM rein, wie es jetzt vorliegt, dann schauen wir mal. Recht schnell kam dann die Frage auf, was die Lizenz kosten soll. Und dann kam eine große Digitalisierungsagentur auf uns zu und sagte: „Pass auf, normalerweise gehen wir mit unseren 70 Mitarbeitern aus der Schweiz, Deutschland, Österreich nach Barcelona oder Mallorca und feiern dort unser Team, legen die neue Marschroute fest – können wir jetzt aber nicht. Also wollen wir das bei Euch machen.“ Wir wussten, dass es mit 40, 50 Nutzer*innen zeitgleich funktioniert, aber 70? Unser Ansprechpartner von der Agentur meinte nur: „Ja, deshalb reden wir ja mit Euch. Wir kennen uns mit allem richtig gut aus und kennen keine Lösung.“

 

Ihre Reaktion?

„Okay, ja gut.“ Zwei Monate später – gemacht, getan –, mit 70 Leuten rein in unsere Anwendung, bämm, hat funktioniert. Und da es sich bei dem Kunden ja um eine Digitalisierungs- und Innovationsagentur handelte, haben die das Ganze auf den sozialen Business-Channels nach außen getragen. Dadurch ist die Aufmerksamkeit für unser Produkt natürlich noch mal gestiegen. Ein großer Telekommunikationsanbieter hat dann eine Studie in Auftrag gegeben, bei der wir an sechs Firmen aus ganz unterschiedlichen Bereichen jeweils zehn Headsets rausgeschickt haben, damit sie unsere Anwendung mal ausprobieren können. Die Resonanz war mega.

 

Wie ging es weiter?

Business Angels und andere Kontakte aus unserem näheren Umfeld haben uns den Rat gegeben, uns mit unserem neuen Produkt sauber aufzustellen, damit wir später auch Skalierungspartner mit dazu holen können. Wir haben dann angefangen, RAUM als eigene Marke zu etablieren und als eigenes Unternehmen aufzustellen. Im Sommer 2021 ist die Eintragung als GmbH erfolgt.

 

Erklären Sie doch mal bitte, was ich als RAUM-Kunde jetzt genau machen kann.

Raum ist eine Plattform, eine App, die man einfach auf das Endgerät – also ein VR-Headset – herunterlädt. Man bekommt einen Code und kann in eine der Raum-Welten reingehen. Wir haben zum Beispiel ein Design Office direkt am Meer mit Workspaces, Pausenräumen, einem Auditorium mit Bühne und einem Balkon. Oder ein Campus mit allen Facilities und Räumlichkeiten, wie man sie aus der wirklichen Welt kennt. Man kann in RAUM zum Beispiel Präsentationen, Kreativ-Sessions, Strategiebesprechungen, Schulungen und Trainings durchführen, Incentives und andere Events veranstalten, 3D-Produkte hochladen und begutachten, Post-Its aufkleben und dort so lange hängen lassen, wie man möchte … Da kommt niemand und hängt sie ab, weil er jetzt den Platz braucht.  

 

Die Nachfrage nach RAUM stellt Sie zufrieden?

Wir haben viele Lizenz-Kunden und viele, die im Test-Drive sind. Wir sind sehr zufrieden.

 

Sind Sie sicher, dass die Nachfrage auch dann noch groß ist, wenn die Pandemie endgültig überstanden ist?

Ja. Was wir sehr extrem merken, ist Folgendes: Die Pandemie war ein Treiber, der dafür gesorgt hat, dass alle verstehen, wie eine Webcam zu öffnen ist, wie das mit dem Mikrofon und dem Muten klappt und so weiter. Wir können nun sehr viel mehr Zeit zu Hause verbringen, bei unseren Liebsten, und wir reisen weniger, was Zeit spart. Manche Offices sind mittlerweile darauf ausgelegt, dass nur noch 60 Prozent der Belegschaft vor Ort sein können. Die Unternehmen wollen ihren Mitarbeiter*innen die Freiheit geben, flexibel von zu Hause zu arbeiten oder wo immer sie auch gerade sind. Klar, für Deal Closings fliegt oder fährt man immer noch zum Kunden. Aber es gibt eben auch sehr viel, was man im Homeoffice erledigen kann. Ich merke das ja bei BLANX effects interactive GmbH und bei RAUM virtual collaboration GmbH: Dieses flexible Arbeiten nimmt weiter zu, und das ist gut so. Der Nutzen ist enorm.

 

Kann man sagen, dass Sie mit RAUM noch ziemlich am Anfang der allgemeinen Entwicklung stehen?

Ja. Die Distribution der Technik und das Bewusstsein für die Technologie greifen jetzt erst so richtig, wir befinden uns tatsächlich immer noch very early stage. Das hat auch etwas mit Hardware und Verfügbarkeit zu tun. Im Moment ist der größte Anbieter von VR-Headsets Oculus, eine Tochter von Meta. Oculus Quests sind Headsets, die keinen Rechner benötigen, die brauchen nur WLAN. Aktuell sind 15 Millionen Geräte auf dem Markt. Das ist im Vergleich zu einem iPhone marginal. Im Hintergrund geht der Konkurrenzkampf der Plattformen allerdings schon los. Die Großen werden dieses Spielfeld nicht nur Mark Zuckerberg überlassen. Da geschieht noch einiges. Auf wen wir richtig warten, ist Apple. Wir wissen, was die geschafft haben mit ihrem iPhone und iPad. 

 

Arbeiten Sie ausschließlich mit Headsets von Oculus?

Die Oculus-Plattformen bedienen wir komplett. Es gibt noch zwei andere relevante Plattformen. Wenn ein großer Kunde käme und eine dieser Plattformen bevorzugen würde, gingen wir auch darauf ein, ganz klar.

 

Wie ergänzen sich BLANX und RAUM? 

Ein Beispiel: Viele Unternehmen haben Brand Spaces, also reale Räumlichkeiten, in denen sie ihre Produkte und Services präsentieren. Diese Spaces sind meistens sehr innovativ, richtige Experience-Center. Und jetzt kommt natürlich die Begehrlichkeit hoch, genau das in unsere App, in die virtuelle Welt zu überführen. In so einem Fall könnte zum Beispiel BLANX die entsprechende Location erschaffen, und RAUM würde diese dann integrieren.

 

Ihre Mitarbeitenden-Zahl ist dank RAUM wahrscheinlich gestiegen.

Wir suchen weiterhin nach neuen Kräften. Zum Glück sind wir ja in Köln, es gibt hier coole Schulen, mit einigen kooperieren wir auch, zum Beispiel mit der PIXL VISN media arts academy im MediaPark. Wir geben jungen Talenten zum einen die Möglichkeit, bei uns einzusteigen. Zum anderen beraten wir sie, während sie noch in der Ausbildung sind. Wenn am Ende hochqualifiziertes Personal zur Verfügung steht, zahlt das in den gesamten Wirtschaftsstandort ein, das muss man schon sagen.  

 

Hat Köln neben der Ausbildung noch weitere Vorteile?

Die Business Networks, die wir hier haben. Bei der Unternehmensausgründung stand uns unter anderem KölnBusiness zur Seite.

 

Eine letzte Frage: Macht eigentlich die technische Infrastruktur mit, wenn sich viele Menschen auf einmal in virtuellen Räumen treffen?

Wenn Du Netflix in 4K schauen kannst, kannst Du auch mit solchen Headsets arbeiten ...

 

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